Wassermelone im Rackpack Teil 2

Hallo und Herzlich Willkommen zum zweiten Teil des Blog-Beitrags. Es wäre gut, wenn du den ersten Teil schon gelesen hast, damit du dem ganzen folgen kannst. Eine kleine Warnung vorab: Es wird sich viel um Essen drehen, am besten holst du dir noch einen Snack und etwas zu trinken, damit du während des Lesens nicht Hunger bekommst. 😊

Unterwegs passierte nichts, die Landschaft war zwar schön, aber veränderte sich nicht während mehreren Stunden. Die einzige, welche an diesem Tag so richtig motiviert war, war die Sonne. Hut ab vor dir Sonne, du hast deinen Job wirklich sensationell gemacht und uns den Rest gegeben 😉!

Etwas nach 16.00 Uhr sagte ich zu Domi: „Lass uns bei dieser Tankstelle chillen und dann unser Zelt einfach direkt hintendran aufstellen“. Die Tankstelle war erstaunlich modern, fast wie die Agrola bei Worb SBB. Domi stimmte dem Plan zu, auch er war fertig für heute. Gerade als wir abbiegen wollten, sahen wir wie ein Typ am Teeren war. In der Schweiz oder wahrscheinlich an den meisten Orten, würde man eine „Spur“ freihalten, damit die Zufahrt gewährleistet ist. Nicht hier im Iran, er sperrte die Strasse und teerte in aller Ruhe gerade alles – Es gab kein Durchkommen.

Domi und ich sagen dann immer: „Kann man machen, muss man aber nicht“. Weiter vorne sah ich ein Restaurant, welches einigermaßen normal aussah. Wiederum bestellten wir zwei Cay und schnauften mal durch.

Als mein Magen schon fast „glugerte“ von all dem Tee, erkundigte ich mich nach der Toilette. Dies nicht ganz ohne Hintergedanken, ich vermutete, dass das Restaurant einen Innenhof hatte und wir suchten ja einen Platz fürs Zelt.

YEAH, Check-point, ich sah den perfekten Platz für unser Zelt, während ich den Gang zur Toilette machte. Zurück bei Domi sagte ich, ich kümmere mich um alles, chill nur. Mit dem Übersetzer ging ich zum Inhaber und fragte, ob es möglich sei dort zu zelten. Er nickte und gab mir zu verstehen, wir sollten zuerst Cay trinken. Aj, Aj, da wehren wir uns nicht.

Nachdem letzten Schluck bat ich ihn uns zu zeigen wo wir das Nachtlager aufschlagen dürften. Zu unserem Erstaunen ging er nicht wie „abgemacht“ in den gemütlichen Innenhof, sondern zeigte uns ein Platz neben einer Garage, 30m von der Strasse weg. Es gab ein Dach und er strahlte – Was für ein toller Platz er da den Touristen offerieren konnte.

Ähmmmm… dass habe ich mir anders gedacht, aber Hauptsache Schatten. Wir bedankten uns als hätten uns jemand gerade eine Woche Ferien geschenkt. Ja gut, dieser Platz passt zum Tag, aber das gehört auch dazu. Ein Sack Chips wartete geduldig in meinem Rack-pack bis wir alles aufgestellt hatten.

Zum Abendessen gab es Reis (Der Plan war dieses Mal viel zu kochen, sodass wir davon zum Frühstück essen können, weil wir sonst nichts mehr hatten) und dazu die Tomaten und Gurken, welche uns die Frau am Vortag schenkte.

Wir wollten gerade Wasser kochen für den Abwasch, als der Garage-Besitzer um die Ecke kam. Er brachte uns ein riesiger Eiswürfel auf einem Tableau, Zwetschgen und einen Haufen Minze. WOW! Ich biss sofort in eine Zwetschge, leider war sie noch nicht reif – Aber Frucht ist Frucht. Der Mann blieb beharrlich stehen und schaute uns zu wie wir wie Ziegen die Minze assen.

Er merkte wohl, dass es mir beim Zwetschgen essen alles zusammenzog, weil sie noch so sauer war. Er verabschiedete sich wieder und wir dachten – Super, eigentlich wollen wir nur Ruhe.

Etwa 10 min später kam er zurück mit Wasser und einem Sack mit Gurken und Früchten.

Als hätte das noch nicht gereicht, brachte er noch eine Wassermelone. Ich traute meinen Augen nicht, war ich im Himmel? Domi dagegen war wenig amused, irgendwie müssten wir diese ja transportieren. Ich sagte zu ihm, er soll nicht so „Frucht-prüde“ sein und jetzt essen. Wieder etwa 10 min später kam ein anderer Nachbar mit einem Löcher Becken voll mit Früchten.

Wir sassen in der Mitte und die beiden schauten uns beim Essen zu. So fühlt man sich also als Tier im Zoo. Der Angestellte von der Tankstelle, sein Kollege, ein weiterer Kollege plötzlich kamen immer wie mehr Leute.

Es gab noch Kekse, dort mussten wir aber passen. Die Erstickungsgefahr wäre zu gross gewesen, trockene Güetzi sind nichts für uns.

Spätestens als einer mit der Teekanne kam, wussten wir – Wir haben verloren. Haha, Domi fand es nicht mehr so toll, aber da mussten wir durch.

Es blieb uns nichts anderes übrig als die Situation mit Humor zu nehmen. Domi unterstellte mir, ich hätte sicher heute „Früchte“ beim Universum „bestellt“. Hihi kann schon sein, vielleicht ist mir bei der Menge ein Fehler unterlaufen. Alle hatten einen super Abend, gegen 21.00 Uhr war aber auch für uns Velofahrer-Mitternacht und wir räumten vorsichtig zusammen.

Die Menschen Scharr checkte, dass die Party nun vorbei ist und verabschiedete sich. Den ganzen Abend war das Interesse an unseren Velos auffällig hoch, zur Sicherheit beschlossen wir alle Taschen ins Zelt zu räumen und die Velos so abzuschliessen, dass wir ein Entwenden in jedem Fall hören würden. Paradox sich nach so viel Gastfreundlichkeit solche Gedanken zu machen. Aber der Einkommens-Unterschied ist halt riesig und wir müssen zuerst ein Gefühl für das neue Land erhalten.

Bevor wir endgültig ins Land der Träume gingen, telefonierten wir noch mit Domis Eltern. Es ist so schön zu hören was andere Leute tun und wie sie den Sommer verbringen. Plötzlich hörte ich Schritte. Ich hatte kurze Hosen und den Sport-BH an, ansonsten wäre ich wohl geschmolzen. Kein Hijup, also musste Domi zuerst raus.

Der Wassermelonen-Schenker war zurückgekehrt mit seinen beiden Töchtern.

Er war erstaunt, weshalb wir schon im Zelt waren. Sein Motiv war seinen Töchtern „uns“ zu zeigen und ein Foto zu machen. Wie ein Bandit zog ich mir den Buff über den Kopf und schlüpfte in mein Langarm. Klar erfüllten wir den Wunsch und bedankten uns erneut für alles.

Am nächsten Morgen kam wiederum jemand und brachte uns ein noch heisses Fladenbrot. Wir verzichteten auf das Reis und genossen stattdessen ein paar kg Früchte.

Was für ein Seelenbalsam. 😊 Sagt es Domi nicht, aber ich werde wieder Frucht-Bestellungen absetzen.. Das nächste Mal eine Honigmelone und Beeren.

Wir beschlossen die letzte Etappe bis nach Täbris zu Hitch-Hiken. Anstelle das wir uns an die Strasse stellen, fragte ich bei der Garage nebenan, ob er gerade jemand wisse, der nach Täbris fährt.

Er rief jemand an, dieser kam 5 Minuten später. Das Problem war, dass er nur ein Sitz hatte und das Auto kaputt war. Auch wollte er unverhältnismässig viel Geld, dass waren wir nicht bereit zu zahlen.

Derweil wurde uns ein zweites Frühstück offeriert und Tee. Wir sassen in der Garage und dachten uns: Mal abwarten was passiert. Plötzlich ging alles sehr schnell: Ein Mann fuhr mit einem leeren Bus zur Garage. Er musste wohl etwas reparieren. Er erkannte die Situation und musste so oder so nach Täbris.

Wir konnten alles komfortabel im Bus verstauen und fuhren dann zu zweit in einem klimatisierten Bus in die Stadt.

Was für ein Tag, was für Erlebnisse. Die bereichernden Momente unserer Reise sind so viel grösser als die manchmal unangenehmen Dinge. Selbstverständlich bin ich jedes Mal dankbar und gerührt, wenn wir Früchte, Gemüse oder Brot bekommen. Aber noch viel mehr löst das ganze drum herum in mir aus. Das Leben meint es gut mit uns – Immer.

Rebi August 2022