Ungarn

Wir haben das Tirol hinter uns gelassen und sind nach einem kurzen Abstecher durch Slowenien in Ungarn angekommen. Die Landschaft wird flacher und schon verständigen wir uns nur noch mit Händen und Füssen.

Bei Sonnenschein und heissen Temperaturen von über 30 Grad passieren wir die Grenze. Niemand interessiert sich für unsere Pässe und so ist das eine rasche Sache in Ungarn einzureisen. Bei unserem obligatorischen Halt beim Landesschild und dem obligaten Gratulationskuss steht da nicht etwa Hungary sondern Magyarorszag. Nach kurzer Verwirrung kommt der Bescheid von mir an Rebi das wir laut Karte ganz sicher in Ungarn eingereist sind.

Der erste Kontakt mit den Menschen ist herzlich und doch auch ein wenig zurückhaltend. Und was die hupenden Autofahrer von uns wollen verstehen wir zwar nicht aber wir wissen was das Problem ist. Es gibt unzählige Kilometer Fahrradwege, aber ehrlich gesagt die sind teilweise so schlecht das es einem bei jeder Bodenwelle oder jedem Schlagloch, nächstens das Rad aus der Achshalterung schlägt. Und deshalb fahren wir sehr oft auf der Hauptstrasse und ignorieren gekonnt die Fahrradsverbotschilder. Was stark auffällt, sind die umzäunten Felder. Da wird es wohl viele Wildschweine etc. haben, das ist jetzt nicht genau das, was Rebi hören möchte. Sie nimmt es mit Gelassenheit. Am ersten Abend wird das Zelt in einem Waldstück an einem kleinen Fluss aufgestellt. Sie haben sogar noch das Gras geschnitten. Wir teilen uns den Boden mit vielen Ameisen und sonstigen Kriechtieren. Wie so oft sind wir glücklich und müde vom strampeln und der Körper ruft nach einer anständigen Portion Essen. Nachdem ich den Abwasch gemacht habe geht es ab in die Heja. Diese Aufgabe habe ich schon bei meiner ersten Reise sehr oft wahrgenommen und diese direkt behalten.

Wir bewegen uns immer in Richtung Balaton. Dieser ist der grösste Binnensee von Mitteleuropa und ist 79km lang. Seine Wasserfarbe ist ein milchiges grün-blau. Vorbei an noch geschlossenen Hotelanlagen geht es immer entlang des Ufers in Richtung Nordosten. Wir erleben wunderschöne Sonnenuntergänge und geniessen die Zeit bei tollem Wetter. Wir übernachten sogar einmal auf einem Spielplatz direkt am See mit Wlan. Das es sowas gibt gewaltig. In Sjofok machen wir einen Ruhetag. Dieser besteht aus Schlafen, Essen, Essen, Essen und Schlafen. Weiter kommt meistens dazu alle WhatsApp zu beantworten und mit der Familie zu telefonieren. Sonst heisst es Chillen wie die Weltmeister und die Kräfte für die nächsten Tage auf dem Rad zu sparen und neue zu sammeln. Ach ja genau wir trinken auch sehr viel Kaffee.

Vom Plattensee aus biegen wir am Ende nach rechts ab und nehmen Kurs in Richtung Rumänien. Das ist ein Land das mich persönlich irgendwie anspricht. Auch wenn man wenig über dieses Land und Fahrradfahren lesen kann, bin ich gespannt. In Rumänien leben mehr als 6000 Braunbären, es gibt sehr viele streunende Hunde und der Verkehr sei crazy. Mit diesen Infos pedalen wir über Ketschkemet und Tschabe bis an die Grenze. Das Ganze rollt sich sehr gut. Alles ist «Flach», obwohl man dieses Wort als Fahrradfahrer lieber nicht mehr ins Maul nimmt. Denn flach ist es NIE. In vier Tagen fahren wir 400km und kommen nach einer durchzechten nach der anderen kurz vor die Grenze. In der ersten Nacht nach dem Ruhetag, bellt Molly der Wachhund, die ganze Nacht durch und ich kann kaum schlafen. Ich hoffe das ihr Stimmorgan vielleicht irgendeinmal den Geist aufgibt. Doch das ist leider nichts. Derweil schläft Rebi tief und fest neben mir. Am Morgen bekommen wir noch eine Salami geschenkt, das entschädigt so mässig den wenigen Schlaf, ist aber trotzdem Süss von dem Besitzer. Weiter geht es in der nächsten Nacht. Zwei Igel halten uns mit ihren Geräuschen ein wenig auf Trab. Ich kann dieses Mal super schlafen nur für mein Chäfer ist es dieses Mal ein wenig unentspannter. Eine Nacht darauf halten uns komische Menschen auf Trab. Dazu liest du am besten den Beitrag «Nachts unterwegs».

Wie du jetzt sicher gelesen hast, waren die Nächte nicht so entspannt, doch durch den Tag hindurch, haben wir viele tolle Sachen erlebt wie zum Beispiel die vielen Eisdielen die es in Ungarn gibt, die riesigen weiten gesehen, Kornfelder so gross wie die ganze Schweiz bestaunt und die lokalen Spezialitäten auf Herz und Nieren getestet. Jetzt sind wir bereit für Rumänien und freuen uns auf möglichst wenige Bärenbegegnungen.

Domi, Mai 2022