Non-Stop nach Erzurum

Nachdem sich die Türen schlossen realisierte ich, dass es im Bus gegen 40 Grad ist. Mein halber Platz war neben einer korpulenten, Kebap-essenden Frau. Domis Nische war zuhinterst eingeklemmt zwischen Männer. Vor der Busfahrt kaufte ich für Domi ein kaltes Ice-Tea, dies streckte ich ihm nun lächelnd zu. Es tröstete sicher nicht die Tatsache, dass seine Beine sehr eingeklemmt waren und die Männer bis zu mir nach vorne stanken – Aber immerhin was zu trinken.

Nach etwa einer Stunde gab es eine Pause, ich kaufte mir bei einem Kind eine Glace. Kleine Anmerkung: Es ist hier völlig normal, dass Kinder Jobs ausüben. Sei es beim Pide machen, im Service oder sonstige Arbeiten. Augen auf bei der Berufswahl, oder schaut er glücklich aus?

Domi wartete vor dem Bus. Ein deutsch-sprechender Mann wollte Small-Talk mit uns führen, darauf hatten wir keine Lust und hielten uns kurz. Domi war von Beginn an nicht besonders amused über das Bus-Projekt und je länger die Fahrt dauerte, je weniger Fan war er.

Wir wussten nicht, wie die Situation am Busbahnhof in Erzincan sein wird und ob es noch Busse bis nach Erzurum geben würde. Wir sagten zueinander, dass wenn es einen einfachen Weg gibt – Dann nehmen wir den und sonst fahren wir es. Wir sind ja schliesslich mit dem Velo da.

Der Bus stoppte und wir stiegen aus. Dieses Mal interessierte sich niemand für uns und auch keiner Half beim Ausladen. Neben uns war ein Bus und ein Mann fragte mich, wo wir hin wollen. „Erzurum“ sagte ich. Er zeigte mir zwei Finger.

Ich dachte 2 Lira, 200 Lira oder 2‘000? Peacezeichen? Oder 2min oder was? Mit dem Übersetzer fanden wir heraus das er in 2 Minuten losfährt und er uns mitnehmen würde. Sein Preis war fair. Hach, dass ist jetzt wohl der einfache Weg. Ohne zu besprechen oder lang zu fackeln, lud Domi sofort alles in den grösseren Bus und ich sprintete in die Busstation um zu zahlen.

Ich musste noch auf Toilette und passierte ausnahmsweise die Schranke ohne 2 Lira zu zahlen. Hoffentlich komme ich deswegen nicht in die Hölle.

Der Bus fuhr los und Domi und ich schauten einander überrascht an. Öhm, dass ging jetzt schnell. Wir hofften, dass der Bus wie auch der andere eine Pause einlegen würde. Das Wasser ging uns aus und der Hunger kam. Auch haben wir nicht überlegt, dass es bald dunkel wird und wir gar nicht wissen wo wir in Erzurum hinwollten.

Der Bus fuhr und fuhr, ohne Halt. In der Schweiz würde es das nie geben. Da würde vorher jemand sagen „Sie, Exgüsiiii, ich müsste mal auf die Toilette, wären sie so liebenswürdig und würden sie, wenn es keine Umstände bereiten würde, kurz anhalten.“ Hier läuft das anders. Selbst als eine Frau kotzen musste, gab es keinen eigentlichen Stopp. Sondern der Bus hielt, die Frau musste raus und dann gings weiter.

Wir hatten keine Ahnung wo der Bus halten wird. Das Maps gab uns Anhaltspunkte und wir pokerten. Domi mein super-Navigierer hatte den Goldrichtigen Riecher und wir erwischten einen Stopp nur 1.5 km entfernt von Hotel welches wir während der Busfahrt buchten.

Wir stiegen aus, befestigten alles an unsere Räder und assen wie halbverhungerte Knäckebrot mit Mayo. Das war der 21.30 Uhr Snack. Anschliessend fuhren wir in der Dunkelheit zum Hotel, trugen die Räder in den Keller, hieften alle Taschen in den Lift und schleppten diese in ein kleines Zimmer.

Etwa Stunde später gingen wir schnurstracks in einen Cig-Köfte Laden und kauften uns ein Mega-Pack.

Ich gönnte mir noch ein Ayran und an meiner Miene ist zu erkennen, dass wir ziemlich durch waren mit der Welt.

Wir waren so müde, dass wir den elend riechenden Abfluss und die Matratze voller Federn gar nicht mehr so wahr nahmen.

Die letzte Handlung von Domi war noch mir die Eierkarton-Matte unter das Leintuch zu stossen – Damit er mein Gejammer am nächsten Tag nicht anhören musste 😉. Danach schliefen wir müde ein.

Während wir uns am nächsten Morgen schlabbrige Pommes vom Buffet nahmen realisierten wir erst, dass wir nun in Erzurum sind. Wir waren happy und freuten uns auf den Besuch beim Iranischen Konsulat, um das Iran-Visa abzuholen.

Fazit: Auf unseren „Göpple“ reisen wir sehr entspannt und das Thema Bus lassen wir mal eine Weile ruhen. Für etwas haben wir ja „Scheiche wiä Eiche.“

Rebi Juli 2022