1. August ohne Rösti

Um diesem Blog folgen zu können, empfehle ich dir den letzten Blog (Alte Bekanntschaften) zu lesen. Wir sind immer noch im Appartement von Mehdi, unserem Freund welcher wir in Istanbul das erste Mal trafen. Wie im letzten Blog geschrieben wurde es spät und wir genossen am nächsten Morgen die Morgenstille bei einem ausgiebigen Frühstück. Gut gestärkt machten wir uns auf den Weg zum Bazaar – Ein Must-see in Teheran.

Normalerweise nutzen wir das App Snapp um von A nach B zu kommen. Auf Rat hin wählten wir heute die Metro um ins Herz des Bazaar’s zu gelangen. Die etwa 5 km zur Station legten wir zu Fuss zurück und danach schafften wir es sogar ein Ticket zu kaufen. Solche Dinge stellt man sich einfach vor, aber ich kann euch versichern das ist es nicht. Wir drückten uns in den übervollen Wagon und später realisierten wir, dass die Wagons geschlechtergetrennt waren, natürlich standen wir im Männer Abteil.

Der Bazaar war ein tolles, aber auch anstrengendes Erlebnis. In den Städten prasseln sehr viele Eindrücke auf uns ein, was es schwierig macht diese zu verarbeiten. Um etwas der Menschenmasse zu entkommen besichtigten wir anschliessend noch den Golestanpalace.

Hier Mal ein Bild vom weltbesten Fotografen. Domi ist verantwortlich für die seriösen Erinnerungen und ich kümmere mich mehr um die Handy-Schnappschüsse. 😉

Ein Blick auf das Handy verriet mir, heute war der 1. August. In den Whatsapp-Status meiner Freunde sah ich Bilder von Wanderausflügen, leckerem Essen und Treffen mit der Familie.

Eigentlich hätte ich den Geburtstag der Schweiz gerne gemütlich mit Domi verbracht, wir hatten schon länger keine Zeit mehr nur für uns. Realistischerweise war das unmöglich, da wir im Appartement von Mehdi wohnten. Um aus der Situation das Beste zu machen entschieden wir uns ein Bier zu kaufen und gemeinsam anzustossen.

Weil wir beide keine Lust hatten in der dreckigen Küche ohne Equipment zu kochen gab es ein Müesli zum Essen.

Als noch die Meldung kam, dass zwei Kolleginnen von Mehdi auf Besuch kommen, sank meine Motivation. Ich wollte einfach meine Ruhe, wenigstens einmal, wenigstens heute am 1. August. Ich sagte zu Domi: „Kannst du dich erinnern, wie gemütlich es auf eurem Balkon war als wir am 1. August zusammen grillierten, oder als wir mit meiner Familie brunchten bis wir fast nicht mehr laufen konnten.“ Domi stimmte mir zu, auch er war müde.

Bevor seine Kolleginnen zu Besuch kamen fragte er mich noch, weshalb ich so viele Haare im Gesicht habe. Das sehe gar nicht gut aus und ob mich die iranischen Frauen nicht schon darauf angesprochen hätten? Mit Haaren im Gesicht meinte er den „Frauen-Schnauz“ und ein paar Haare am Hals.

Es war nicht so, dass mich dies erstaunte ich war mir dem bewusst und empfand es nicht als Beleidung. Selbstbewusst antwortete ich, dass man auf dem Rad andere Sorgen hat als Haare am Gesicht. Überleben zum Beispiel 😉. Er blieb hartnäckig und meinte, ich könne unmöglich so noch rumlaufen. Langsam dachte ich mir, dass wir uns besser alle wieder ein bisschen beruhigen sollten.

Ich erwiderte, dass ich in den nächsten Tagen einen Schönheits-Salon aufsuchen werde um mich wieder für die Zivilisation her zurüsten. Diese Lösung dauerte ihm zu lange, er klingelte bei der Nachbarin und erklärte ihr das Grosse Problem. Die Frau kam mit ihrem Gesicht nahe und zuckte zurück. Uiiiiii, sie schaute besorgt. Ein Wortwechsel auf Farsi (persische Sprache) endete mit den Worten, dass sich die Nachbarin sofort darum kümmert und versucht einen Termin für mich zu vereinbaren.

Ich trank Tee und wartete was passiert. Es klopfte und die Frau hatte News. Es war kurzfristig kein Termin verfügbar. Das Resultat eines erneuten Wortwechsels auf Farsi war, dass die Frau mir anbot das Malheur zu beseitigen. Ihr früherer Job war Kosmetikerin und so sass ich wenige Minuten später in ihrem Appartment. Das Prozedere dauerte keine 15min und mit gerötetem Gesicht ging ich zurück. Der Kommentar von Mehdi war, dass es nicht perfekt sei aber viel besser als vorher.

Tja, dass ist das Los des Coachsurfens und so klingelte es wenig später an der Türe. Ich muss hier noch erwähnen, dass Mehdi Single ist und eine der „Kolleginen“ sah er zum ersten Mal. Die beiden Frauen standen im Türrahmen und hatten je drei Taschen dabei. Geschenke für Domi und mich? Nein, es waren Kleider. Mehdi erklärte uns, dass es völlig normal sei, dass Frauen mehrere Garnituren Kleider mitnahmen. Fast wie ich früher, ich nahm auch immer das Zahnbürstli mit in den Ausgang, gell Stifu & Erika? 😉

Wir sassen alle zusammen und tranken Tee. Meine Stimmung hellte sich wieder auf, aus jedem Moment kann man etwas lernen und ich versuchte aus den Frauen schlau zu werden. Um etwa 23.30 Uhr hatte Mehdi noch die glorreiche Idee etwas zu kochen. Kartoffeln mit Chicken. Auch hier konnte ich keine Gourmet-Punkte vergeben. Irgendeinmal ging dann auch der 1.August vorüber und ich habe mir fest vorgenommen den nächsten „Feiertag“ besser zu planen, sodass Domi & Ich darauf anstossen können.

Mehdi ist ein Herzensguter Typ, aber für uns war es einfach „zu viel“. Wir verabschiedeten uns bei ihm und wechselten unsere Location.

Natürlich blieben wir während unseres Teheran-Aufenthalts mit Mehdi in Kontakt und er fuhr uns sogar ein paar Tage später noch zum Damavand-Parking.

All diese Begegnungen, Erlebnisse und Geschichten erweitern unseren Horizont. Wir sind unglaublich dankbar das alles erleben zu dürfen und freuen uns auf alles was noch kommt im Iran.

Rebi August 2022