Wassermelone im Rackpack Teil 1

In diesem Blog-Artikel nehme ich dich einen Tag lang mit aufs Rad. Weil das Mitfahren auf dem Gepäckträger unbequem wäre, habe ich die Zeilen verfasst. So kannst du, egal wo du gerade sitzt, stehst oder liegst in unseren Alltag eintauchen. Am Ende überlasse ich die Entscheidung dir, ob das Tourenvelofahren auch etwas für dich ist. Bis heute hätte jeder Tag einen eigenen Blog-Eintrag verdient, aber das wäre zu aufwändig und wahrscheinlich auch nicht besonders spannend für die meisten.

Es war bereits späterer Nachmittag als wir am Strassenrand ein paar Marktstände sichteten. Wir sind noch keine drei Tage im neuen Land, deshalb war es sehr schwierig abzuschätzen, ob es später noch Wasser verfügbar hat oder nicht. Sicherheitshalber beschlossen wir unsere 9l Wasser aufzufüllen. Als wir bezahlen wollten winkte der Mann ab – Ein Geschenk. Mit einem „Merci“ (das einzige Wort was wir in Persisch können) verabschiedeten wir uns.

Beim Weiterfahren bemerkten wir, dass wir zwar fürs Abendessen eingekauft hatten, aber die Haferflocken leer sind und wir bisher auch keinen Ort fanden, wo wir Früchte hätten kaufen können. Leider kam auch auf den nächsten paar Kilometer nichts, weshalb wir uns entschieden, irgendwo zu zelten und dann am Morgen erst zu fahren und dann zu Frühstücken.

Etwas versteckt zwischen Bäumen und Schafen waren drei Männer am Cay trinken.Uns und die Männer trennte ein Graben, Domi übernahm die Aufgabe und ging mit dem Übersetzer „bewaffnet“ fragen, ob wir weiterhinten auf dem Feld unser Zelt aufbauen dürften.

Unserem Vorhaben wurde zugestimmt und wir „bugsierten“ mit vereinten Kräften unsere Velos über den Graben. Oberkörpertraining ist ein Klacks dagegen dachte ich mir.

Als wir die Wiese betraten merkten wir sofort – Ups, dass sah von weitem bedeutend softer aus. Es erinnerte mich etwas an frisch gemähte Luzerne, nur noch viel stacheliger.

Für einen erneuten Aufbruch und Suche nach einem besseren Platz hatten wir beide keine Energie und auch keine Lust mehr und so stellten wir unser Zelt auf.

Das Zelt stand und ich spürte, wie mir der Schweiss nur so den Nacken runterlief. Weil die Männer in Sichtweite waren, musste ich das Kopftuch, resp. den Hijab wie sie es nennen weitertragen. Grundsätzlich habe ich damit keinerlei Probleme, wir sind Gäste im Iran und ich möchte mich auch dementsprechend verhalten. Aber bei der Hitze unter dem Helm ist es unangenehm und meine Haare verfilzen allmählich. Doch man gewöhnt sich an alles & falls ich mit Rastas zurückkehre kennt ihr den Grund. 😉

Als wir uns gerade hinlegen wollten kam einer der Männer zu uns. Auch er verwendete den Übersetzer, dieser spuckte aber nur wirres Zeugs aus. Es gäbe hier wilde Tiere, es sei gefährlich, es gäbe keinen Sicherheitsdient und der Bauer wollte Wässern. Wir dachten uns „pipapo“, dass kann hier auch Löwen haben wir fahren keinen Meter mehr.

Nachdem noch der Landbesitzer vorbeikam und erklärte, dass er gar nicht wässern wollte und wir dem Mann versicherten, dass wir es überleben werden, konnten wir endlich Abendessen zubereiten.

Wir mussten beim Einkaufen improvisieren, da wir wie oben geschrieben keine Frischwaren fanden. Eine Dose Konserven-Gemüse, eine Dose Linsen und Reis was wir noch übrig hatten musste es heute richten.

Eigentlich war der Plan das Reis mehrheitlich zum Frühstück zu essen, was für eine Illusion. Wir assen alles razeputz leer. Irgendwie bin ich schon verwöhnt dachte ich mir. Kaum ist die Versorgung mal einige Tage nicht optimal resp. ohne Früchte und Gemüse, so habe ich schon ein starkes Verlangen danach.

Zum Nachtisch gab es noch ein Cake. Einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht in den Mund, aber das keine Sünde Wert. Es half auch nichts mir vorzustellen, dass ich in ein selbstgebackenes Tiroler Cake von Renate, Domis Mutter beisse.

Es kühlte auch am Abend nicht ab und ich entschied mich trotz etwa 40 Grad im Zelt reinzugehen, um wenigsten das Kopftuch und das Langarm abzuziehen. Als ich mich im Schutz des Vorzeltes gerade umzog kam eine Frau vorbei und brachte uns fünf Tomaten und fünf Gurken. Ironie Off, ich träumte von frischen Aprikosen.

Mit einem „Guten Morgen“ begrüssten Domi und Ich uns und räumten zügig das Zelt zusammen. Mittlerweile sind wir routiniert und können dabei auch noch halb schlafen. Gemäss Navigation sollte es in etwa 20 km Geschäfte geben, um Frühstück einzukaufen. Mein Magen knurrte, leider kamen die Stände erst nach 30 km.

Immer wenn wir nicht genau wissen, wie wir es jetzt machen trinken wir einen Cay, so also auch dieses Mal. Wir beobachteten einen Mann am Nachbartisch mit Fladenbrot und Ei. Wir bestellten mit Händen und Füssen dasselbe. Gefühlt fiel das Essen ins leere, ein nettes Amuse-Bouche oder Apero witzelten wir.

Um den restlichen Tag bestreiten zu können brauchten wir noch mehr „Benzin“, sonst wird das nichts. Joghurt, Haferflocken und Früchte waren auf unserer Einkaufsliste. Das Joghurt konnten wir noch auftreiben, indem ein Mitarbeiter drei Geschäfte weiter ging und das für uns kaufte.

Anstelle Haferflocken kauften wir Haferbrei, eine Verzweiflungstat.

Früchte gab es nur in der nächstgrösseren Stadt. Anstelle bei den Marktständen zu versauern, fuhren wir weiter in der Hoffnung das noch ein Händler kam. Als auch nach einigen km nichts kam, sassen wir uns nah zum einzigen Baum weit und breit und assen das Joghurt, bevor dieses zu warm wurde. Während wir 700 Gramm Joghurt und ein halbes Glas Gonfi assen rauschten die Autos auf der etwa 20m entfernten Strasse an uns vorbei. Danach musste ich noch auf Toilette, ihr könnt euch ja vorstellen wie praktisch das war. 😉

In solchen Momenten frage ich mich jeweils schon was zur Hölle tun wir hier eigentlich?

Wie die Geschichte weitergeht resp. wie der Tag endet könnt ihr im Teil 2 lesen.

Rebi August 2022