Tanken wird zur Verhandlungssache

Bevor wir nach Südamerika reisten und uns dort ein Auto kauften, glaubte ich, dass tanken auf der ganzen Welt ähnlich abläuft. Dass es nicht überall einen Pronto Shop gibt mit großen Laugengipfeli, das war mir bewusst. Aber dass es eine Zeit geben wir, wo tanken zur Verhandlungssache wird hätte ich nicht gedacht. Mittlerweile schmunzle ich über meine Naivität. In Ländern, wo man in Geldstuben Wechselkurse verhandelt und die Polizei mit einem kleinen Trinkgeld glücklich macht, ist es kein Wunder, wenn Tanken zum Krimi wird. Heute erzähle ich von unseren Erfahrungen beim Tanken und beziehe Stellung zu einem kontroversen Thema. Auf dem Bild siehst du Domi bei einer seiner “Lieblingsbeschäftigungen”, später dazu mehr.

Unser Pantera Blanco läuft mit Diesel. Schon früh merkten wir, dass Päntu (sein Spitzname) ein sparsamer ist. Nichtsdestotrotz mussten wir in Chile unzählige Mal tanken, nicht verwunderlich das Land ist 4‘270km lang und wir durchfuhren es rauf und runter mit diversen Abstechern links und rechts. 😉.

In Chile gab es zweierlei Arten Tankstellen. Die einen waren gut, also vertrauenswürdig und meist grösser als wir sie kennen. Die anderen, abseits des Pan-American Highways*, waren eher „Ruedi-Rüssel-Emmental-Zapfsäulen“. Grundsätzlich standen zwei Benzinqualitäten und ein Diesel zur Auswahl. Ich behaupte, dass es innerhalb des Landes „minime“ Qualitätsunterschiede gibt, die Reichweite variierte teilweise mehr als gewöhnlich.

*Der Pan-American Highway ist ein System von Schnellstraßen, das – mit wenigen Lücken – Alaska mit Feuerland verbindet, sich also über die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des amerikanischen Doppel-Kontinents erstreckt. Merci Google, so wissen alle Bescheid.

Der Literpreis sah man schon von der Straße aus, große Schwankungen gab es nur wenn wir uns wirklich ab vom Schuss befanden. Die Tankerei in Chile lief meist unspektakulär ab:

1) Hinfahren
2) Scheiben runterkurbeln (ja, davon kommen unsere groben Oberarme)
3) Blickkontakt mit dem Tankwart suchen
4) Warten, bis er mehr oder weniger motiviert zur Scheibe kommt
5) Klar und deutlich „Diesel completo“ sagen
5) Der Autoschlüssel wechselt den Besitzer evt. kleines Schwätzchen auf Spanisch
6) Kontrollieren, das er auch wirklich Diesel einfüllt,
7) Warten oder ein weiteres Schwätzchen halten
8) Schauen das er sich keine Propina (Trinkgeld) rausgenommen hat
9) Bezahlen, meist bar
10) Bedanken und wegfahren.
11) Wichtig: Glücklich sein, dass der Strich wieder voll ist und der Weiterreise nichts im Wege steht.

Für alle neugierigen: Der Literpreis Diesel in Chile liegt im Moment bei rund 1050 CLP, also etwa 1.10 CHF. Während den ersten Monaten Reise war es noch ein bisschen mehr, aber ich glaube nie über 1.25 CHF.

Der Unterschied von Chile zu Argentinien ist was das Tanken anbelangt, nicht riesig. Ah doch, ein kleines Detail, ein angenehmes gibt es. Der Diesel war nur noch etwa halb so teuer. Es hätte zwar eine teurere Qualität gegeben, wir entschieden uns aber die günstige zu tanken. Nicht weil es uns nichts wert wäre, aber wer garantiert uns, dass a) wir auch den besseren Treibstoff bekommen und b) dieser auch wirklich einen Vorteil für den Motor hat. Jetzt denkst du sicher, man kann alles hinterfragen – ja – da hast du Recht, aber glaub uns dieses Misstrauen kommt nicht von ungefähr. 😉

Auf unserer Reise, meist sehr weit weg von Zivilisation, fuhren wir Tanksäulen an wo wir unsicher waren, ob sie uns nicht Wasser oder Sirup einfüllen. Während der ganzen Reise mussten wir nur 1–2-mal an einem solch ominösen Ort füllen, ansonsten hatten wir Glück. Mit Glück meine ich, dass die Tankstellen Diesel hatten. Auch half uns für abgeschiedene Gegenden in Patagonien der Kanister auf dem Dach, so hatten wir einen Extra Puffer.

Als wir in Argentinien durch die Pampa fuhren, weil wir wissen wollten ob es wirklich Pampa ist, sind wir tausende von Kilometern gerade aus gedüst. In dieser Zeit tankten wir jeden Tag. Wie oben geschrieben schmerzte es bei diesem Preis weniger als in Chile und so arrangierten wir uns mit dem täglichen Tankspass.

Was dann folgte war ein einziges Abenteuer. Wir fuhren weiter nordwärts in Richtung Bolivien und waren froh, dass wir beim Betrachten der Landesgrösse auf der Karte wohl nicht jeden Tag eine Tanksäule ansteuern müssen.

Heutzutage kann man im Internet alles lesen und recherchieren. Auf jede Eventualität kann man sich vorbereiten. Fluch und Segen gleichzeitig, wenn man mich fragt. Bolivien war das sechzehnte Land, welches wir innerhalb eines Jahres bereisten und so haben wir längst aufgehört uns im Vorfeld mit Infos aus dem Internet vollzuladen. Am Ende hat man dann zwar viel Wissen, die Chance das man aber in der Situation etwas anderes wissen sollte ist so groß, dass sich Aufwand und Ertrag einfach nicht lohnt. Auch ist es doch viel spannender, wenn man nicht immer schon alles weiss. Vielleicht sind wir auch etwas faul geworden, kann auch sein. 😉

Jedenfalls sind wir dann vor Ostern nichts ahnend über die Grenze nach Bolivien gefahren, ohne vorher eine Minute darüber nachzudenken, dass man in Bolivien nicht ganz so easy das flüssige Gold bekommt an der Tankstelle. Weil der Zeiger langsam Richtung Reserve rutschte, schaute ich auf Ioverlander, wo sich die nächste Tankstelle befindet. Auf dem App sah ich ganz viele Kommentare: „Es gäbe zwei Preise, einen nationalen und einen Internationalen“, „man braucht einen PIN“ „manche wollen dir als Ausländer gar nicht tanken“. Puh, okay, suboptimale News, wenn Päntu Durst hat. Nach all den Hiobsbotschaften im App beschlossen Domi und Ich es einfach selbst auszuprobieren. Wir werden schon merken, wie das läuft war die Devise.

Gesagt, getan fuhren wir eine erste Tankstelle an und ernteten sogleich misstrauische Blicke. Wir wollen nur Diesel, wir haben nichts Böses im Sinn dachte ich mir. Während ich im Auto sitzen blieb, näherte sich Domi der kritischen Tankwartin. Es fühlte sich an wie in einem Westernfilm, bevor die Pistolen gezückt werden. Von drinnen spürte ich die angespannte Stimmung, ich musste innerlich lachen. Wir wollten nur tanken, es ging um nichts. Rechts von mir war klein der lokale Preis zu erkennen. Ich kurbelte das Fenster runter und sagte beiläufig zu Domi „3.72 BOL“. Mittlerweile verstehen wir uns mit sehr wenig Worten und so wusste er Bescheid was zu tun ist.

Domi war derweil schon mitten in der „PIN-Diskussion“. Ratlos schauten wir uns an. Pin? Ja das hatten wir nicht. Die Frau blieb hartnäckig. Ohne Pin kein Diesel. Damals war nicht einmal der Preis das Thema, sondern sie verweigerte es einfach. In meinem Hinterstübchen kam mir in den Sinn, dass ich gelesen habe, dass andere Reisende in den Kanister tankten. So zeigte ich aufs Dach: „Diesel en el bidon?“ Mit einer Handbewegung gab sie uns zu verstehen, dass wir wegfahren sollen. Sie sagte nichts, bolivianisch-pantomimisch war das.

Wir kombinierten aus der Zeichensprache, dass sie den Kanister füllen wird aber, dass wir die Haue putzen sollen wegen den Kameras. Wir waren dann zwar im Besitz von 20 Liter Diesel, verstanden aber immer noch nicht, wie es funktionierte. Auch hatten wir noch keine lokale SIM, um doch mal das Internet zu fragen um was es genau geht, hier.

Ohne Diesel keine Reise, also waren wir froh als wir im Internet etwas nachlesen konnten. Das meiste, was stand waren Erfahrungen von anderen Reisenden. Es gab keine Konstanz bei den Infos, jeder beschrieb andere Gegebenheiten. Wir haben uns tief in das Thema reingehängt und bringen jetzt etwas Licht ins dunkle, Vielleicht helfen dir die Infos für eine künftige Reise. Und sonst, mach mit den Infos was du willst. 😉

Der ominöse PIN: Eine vierstellige Zahlenkombi die jeder Lokale besitzt. Für den Touristen ist es heutzutage unmöglich einen PIN zu haben. Früher gab es wohl noch einen „Touristen-PIN“ an der Grenze, mittlerweile wird aber nichts mehr vergeben. Diese Info wissen nicht alle Tankwarte, oder wollen es auch nicht wissen.

Preise: Es gibt tatsächlich zwei Preise. Diese Tatsache wahrzuhaben war anfänglich schwierig für uns. Der Preis für die Einheimischen, also der „nationale“ Preis beträgt ca. 3.72 BOL, was etwa 50 Rappen sind. Dieser Preis ist nie von der Straße aus erkennbar, man sieht ihn nur winzig klein an der Tanksäule. Für die Lokalen ist es unwichtig den Preis schon von weitem zu sehen. Einerseits weil er kaum schwankt, über Jahre nicht, und anderseits, weil die Tankstellen Dichte nicht groß ist und man dann einfach dort tanken muss, wo man gerade ist.

Anders ist es beim internationalen Preis. Also unsere Welt. Dieser Preis ist groß, nein besser gesagt riesig angeschrieben auf einer Tafel. Unzählige Abstufungen, wo kein Mensch versteht, machen es unnötig kompliziert. Am Ende kann man sagen der Preis variiert zwischen 8-15 BOL variiert. Du kannst davon ausgehen je weiter weg du von einer anderen Füllmöglichkeit bist und je dringender du den Diesel brauchst, desto weiter kann der Preis steigen. 15 BOL gehen gegen 2 CHF zu und ist fast das fünffache was der Einheimische abdrückt für sein Gold.

Grauzone: Meine Vermutung ist, dass sich über die Jahre ein „inoffizieller Touristenpreis“ etablierte. Wahrscheinlich gab es immer Mal wieder Touristen die gut verhandelten, dass ins Ioverlander App notierten und dem nächsten die Möglichkeit gab zu sagen: „Der letzte hat es auch zu Preis XY“ bekommen. Dieser liegt so zwischen 4-6 BOL.
Ganz spannend finde ich da die Abrechnung, weil es ja reintheoretisch gar nicht geht als Ausländer ohne PIN zu einem tieferen Preis als der Touristenpreis zu tanken. Wahrscheinlich tippt der Tankwart auch da die PIN vom Nachbarn ein und nimmt die Differenz selbst. Clever, sei ihnen gegönnt. 😉.

Kamera/Videosysteme: Benzin und Diesel sind in Bolivien stark staatlich subventioniert. Der Unterschied ist einfach zu krass, für das es nicht missbraucht wird. Mit der Überwachung hat die Regierung die Tankerei „unter Kontrolle“. Wie gut das funktioniert, werdet ihr in unseren Erfahrungen lesen.

Dichte der Tankstellen: Je nach Routenwahl nimmt die Dichte der Tankstellen ab und so kann es schonmal zu Engpässen kommen. Auch ist nicht immer sicher, dass auch Diesel dort ist. Umso wichtiger ist der Kanister auf dem Dach und eine minimale Routenplanung mit einer Kilometerabschätzung. Spätestens wenn du am Rand einer Strasse eine 1.5l Petflasche stehen siehst, wo eine undefinierbare Plöre erkennbar ist und dort ein Pfeil zu einem Privathaus zeigt… dann weisst du jetzt bist du abläntsche.

Nachdem wir ein bisschen begriffen hatten wie es funktionierte, waren wir wieder einmal auf der Suche nach Diesel, dieses Mal in Uyuni. Gemäß Recherche sollte es im Ort vier oder fünf Tankstellen geben. Für uns klang das Plausibel, immerhin war es DER Ausgangspunkt, um mit dem Auto in die Salzwüste zu reisen. In der Realität waren es zwei. Wir entschieden uns für die Tankstelle, die einen seriöseren Eindruck machte.

Der Tankwart meinte, er hätte erst nach 12.00 Uhr wieder Diesel. Er gab uns klar zu verstehen, dass wir das nie wieder Fragen sollen. Wenn eine orange Pylone mitten auf dem Platz steht, heißt das: Kein Diesel vorhanden. Das weiss man doch?! Wir liefen davon und dachten uns unsere Sache dabei.

Bis zum Mittag verblieben noch zwei Stunden und so widmeten wir uns zuerst einem anderen Problem, nämlich hatten wir einen platten Reifen. Dazu könnte ich jetzt einen eigenen Blog schreiben. Abgekürzt kann man sagen, dass wir nach mehreren Anläufen jemanden fanden, der a) Lust hatte b) fähig war und c) Zeit hatte sich um den Platten zu kümmern. Trotz, dass er Zeit hatte, warteten wir noch eine Stunde. Er hatte fast keine Maschinen und so flickte die Lebendige Reifenmaschine unseren Pneu bis um Zwölf Uhr.

Als das Auto wieder funktionsfähig war, fuhren wir ganz vorsichtig zurück zur Tankstelle. Uyuni ist eine wahnsinnig dreckige und staubige Stadt und wir hofften, dass wir nicht noch einmal etwas einfangen. Auf dem Bild siehst du ein Abfallhaufen, dass Foto machte ich aus dem Fenster heraus. Man sieht nicht alles, aber wir haben den Leuten zugeschaut wie sie ihren Hausabfall auf eine Kreuzung warfen, als wäre es das normalste der Welt.

Der Pylon war zwar immer noch da, weil sich aber einige Lastwagen um die Tankstelle sammelten, waren wir unsicher ob er nur vergessen hat den Pylon wegzunehmen.

Die Antwort vom Tankwart war: „Geht zu einer anderen Tankstelle“. Es ging gar nicht mehr darum, ob er jetzt Diesel hat oder nicht. Wahrscheinlich hat er jetzt unser chilenisches Kennzeichen gesehen und darauf hatte er keinen Bock. Daraus interpretierten wir, dass es administrativ „anstrengend“ ist, einen Touristen zu „registrieren“ und deshalb einige grundsätzlich das Tanken für Touristen verweigern. Unabhängig vom Preis versteht sich, einfach weil sie keine Lust haben.

Vorhin, als wir unterwegs zum Mechaniker waren sahen wir schon die riesige LKW-Kolone bei der anderen Tankstelle. Ja so wenig Lust wie der Tankwart auf uns hatte, so wenig waren wir motiviert dort hinter etwa zwanzig Lastwagen zu stehen. Anstelle zu warten und dann womöglich auch nichts zu bekommen, entschieden wir uns für die Taktik „Angriff“. Wir parkierten etwas abseits und versuchten zu Fuss unser Glück.

„Extranjeros?“ fragte mich der Bärtige. „Sí, tenemos un coche chileno“ Der Finger vom Tankwart zeigte auf den Internationalen Preis. Domi erlebte diese Situation schon ein paar Mal und auch ich bekam das schon mehrmals zu spüren. Die Art und Weise wie der Bolivianer dir das sagt, macht einem richtig aggressiv. In diesem Moment nutzt er seine Machtposition.

Zurück im Auto schmiedeten wir einen Plan. Wir hatten nicht vor den internationalen Preis zu zahlen- einfach aus Prinzip nicht – und überlegten. Neben der riesigen LKW-Schlange gab es noch die Menschliche-Kanister Ansammlung. Wir beobachteten die Leute und sahen das ausnahmslos alle einen Fötzel in den Händen hielt. Später lernten wir das es eine Kopie des Carnet (also Führerschein) ist. Auch ohne Fötzel stellten wir uns in die Schlange, denn wir mussten tanken.

„No, No Mister“ ohne PIN kein Benzin, auch nicht in den Kanister war die Antwort. Das würde heissen, dass wir auch an der Säule nichts bekommen würden – egal was wir bereit wären zu zahlen.  Etwas ratlos warteten wir abseits der Tankstelle. Domi saß auf dem Kanister und ich im Auto. Plötzlich fuhr ein Pickup neben uns. Das war unsere Chance. Domi näherte sich dem Typen, um ihn zu fragen, ob er uns helfen kann. Es brauchte schon etwas Überzeugungsarbeit und ein Schein wechselte den Besitzer. Bravo Domi, einfach spitze!!!

Der Typ zottelte mit 100 BOL und unserem Kanister Richtung Zapfsäule. Wir verfolgten die Geschehnisse wie in einem Krimi. Höhö wie ein Gaunerpaar überlegten wir uns „das Risiko“ während wir die Menschliche Kolone beobachteten. Wenn sich der Typ jetzt aus dem Staub macht, sind wir um 100 BOL ärmer und den Kanister. Plötzlich klopfte es an die Scheibe und der Typ fragte uns: „Gasolina?“. Stirnrunzelnd sagten wir: „No, Diesel“. Domi hatte es schon fünfmal gesagt, dass wir Diesel brauchen, wohl hatte ihn unser Kanister verwirrt.

Für uns war klar, dass wir ihm ein großzügiges Trinkgeld für seinen Dienst geben werden. Als er mit dem vollen Kanister zurückkam fragte Domi noch einmal: „Diesel?“ Er nickte und übergab das Retourgeld. Er war sehr ehrlich und hat nichts für sich eingesteckt. Sein Batzen freute ihn, es war immer wieder krass, wie das Empfinden von Geld war. Was für uns blödgesagt zu vernachlässigen war, war für ihn sehr viel. Damit konnte er zum Beispiel Mittagessen gehen.

Es war schon fast wieder Abend – OK, ich übertreibe, aber nach 15.00 Uhr war es. Diese Situation brauchte zwar Zeit und Nerven. Aber gleichzeitig machen uns solche Dinge erfahrener. Jetzt wussten wir wie der Karren läuft, dachten wir zumindest.

Einige Kilometer nach Uyuni öffneten wir den Kanister und waren plötzlich nicht mehr so sicher, ob uns der Typ nicht verarscht hatte. Die Flüssigkeitsfarbe war genau gleich wie das Benzin, welches wir in der Flasche hatten für unseren Kocher. Wieder einmal ließ uns der Empfang im Stich (hätten wir Googlen können, welche Farbe Diesel in Bolivien hat) und der Tank war leer. Uns blieb nichts anderes übrig als die „Plöre“ einzufüllen. Die ersten Kilometer fuhren wir sehr besorgt. Plötzlich kam Domi in den Sinn, dass wir es anzünden können, um auszuprobieren, ob es sich entzündet. Wir waren heilfroh, als sich nichts tat. Am Abend lasen wir dann noch, dass die Farbe in Südamerika gar nichts heisst.

Einmal volltanken bitte: Du kannst dir nicht vorstellen wie wenig Lust wir hatten auf ein erneutes „Tank-Erlebnis“ und so hofften wir auf einen besseren Ablauf. Taktisch wählten wir eine Tankstelle auf dem Land aus. Zwar sahen wir Kameras, diese waren nicht direkt an der Tanksäule, sondern am Nebengebäude. Wir fuhren also hin, kurbelten die Scheiben runter und ernteten genau zwei Wörter: „Precio International“ & „PIN“.

Wir sagten auf Spanisch, dass wir keinen PIN besitzen würden, weil es nicht möglich sei und blablabla… und erwähnten, dass wir gerne zum lokalen Preis tanken würden. So als wäre es das normalste der Welt das wir zwei Gringos jetzt günstig füllen möchten. Wir warteten einige Sekunden, bis die Botschaft beim Tankwarten ankam. Gerade wollte er Nein sagen, so warfen wir das Wort „Prooooooopina“ in den Raum. Er horchte auf und dann ging alles ganz schnell. Wir versprachen ihm 20 BOL-Trinkgeld. Er tippte einen PIN ein (seinen oder sonst einen) füllte den ganzen Tank, den Kanister und schon waren wir weg. Adieu Merci. Das Ganze dauerte keine fünf Minuten und wir waren happy. Was so ein bisschen Kleingeld alles bewirken kann 😉

Was sprach für uns für das teurere Tanken (Preis International)

  • Wir sind die „reichen“ Touristen und können uns das Leisten
  • Der zeitliche Aufwand ist zu Schade, um Geld zu sparen

Was sprach für das günstigere Tanken (Preis Lokal)

  • Es ist diskriminierend, warum sollte man für die gleiche Leistung das dreifache zahlen
  • Dort mehr zu zahlen, hilft nicht den Einheimischen, sondern dem Staat
  • Einen PIN zu verlangen, obwohl es offensichtlich unmöglich ist, ist nervig
  • Man hat das Gefühl man wird „beschissen“ aufgrund der Willkür
  • Die Lebenskosten waren günstig, der Diesel war im Verhältnis ein Budgetposten, den wir nicht unnötig verteuern wollten.

Wir kamen zum Schluss das es andere Dinge gibt, bei denen wir lieber etwas mehr bezahlen. Sprich sind wir auf dem Markt und kaufen sechs Eier, dann ist es okay ein bisschen mehr zu bezahlen als der Lokale. Nicht dass wir die Preise nicht gewusst hätten, aber da liessen wir des Öfteren das föifi grad sein. Oder wir hielten bewusst irgendwo im nirgendwo, riskierten das jemand Päntu ausraubt nur damit wir Lokal ein Kafi trinken gehen – Um die Frauen dort zu unterstützen. Es gäbe noch viele weitere Beispiele, aber ich glaube du verstehst, was unsere Haltung diesbezüglich ist.

Wäre spannend zu wissen, was du darüber denkst. Ausser der Fakt, dass du jetzt sicher denkst: Die sollen zuerst mal zurück nach Europa kommen. dann merken sie dann noch früh genug was der Diesel kostet. Jaja, alles okay.. 😊

Für alle die sich jetzt fragen, wie es in den anderen Ländern war: Paraguay: Extrem moderne Tankstellen und unglaublich viele. Preis weiss ich nicht mehr, habe ich wohl verdrängt.

Neues Glück: Die Strecke über Sucre bis nach La Paz hatte es in sich. Von Tiefenlagen bis auf fast 5000 m.ü.m, über Schotter, da hatte Päntu schon bald wieder Durst. Erfahrungsgemäß verzichteten wir auf die Tankstellen in der Stadt und wollten in El Alto oder weiter außen tanken. Wir waren noch nicht komplett leer, vorsichtshalber stoppten wir bei der ersten Tankstelle: „Kein Diesel“ war die Antwort. Wir witzelten, dass wir es halt nicht wissen können ohne die berühmte Pylone. Bei der zweiten wieder nichts, der Tankwart hatte keine Lust. Die Dritte Tankstelle wollte auch nicht zu einem vertretbaren Preis tanken und so setzten wir auf die vierte und auch letzte auf dieser Strecke.

Zwei Frauen in traditioneller Kleidung und je zwei langen Zöpfen hüteten die Tankstelle. Gleiches Spiel wie immer. Nein, wir haben immer noch keinen PIN und nein, auch heute möchten wir nicht zum internationalen Preis tanken. Wir pokerten und verzichteten risikofreudig auf ihr 6 BOL-Angebot einzugehen. Auch sie zeigte wieder auf die Kamera. Haha, ja wir sind hier in einem Dorf wo es mehr Kühe und Schafe hat als Einwohner, die Kamera-Nummer kaufen wir dir nicht ab. Ich sagte zu Domi, er solle mich mal machen lassen.
Leise erwähnte ich das Wort Propina bei der Frau. Sie tat, als hätte sie es nicht verstanden. Zwei LKWs fuhren an die Säule und wir warteten. Domi wurde schon etwas ungeduldig und ich sagte er solle mir bitte noch eine Minute geben. Nachdem füllen der LKWs setzte sie sich hin und überlegte kurz.

Dann ging es schnell. Sie holte ihr Ringelbuch mit den Vor-tanker hervor, tippte einer der Pins ein und tankte zum lokalen Preis. Das Trinkgeld gab ich in zwei Scheinen, sodass sie es praktisch aufteilen konnten. Sie waren happy und wir auch.

Das waren nur einige Beispiele, was wir so erlebten. Vielleicht denkst du dir jetzt: Was für ein Theater, in der Schweiz oder in Europa bezahlt man deutlich mehr. Du kannst mir glauben, Domi und Ich haben das Thema vielmals besprochen. Was ist das richtige Verhalten, wie sollten wir mit der Sache umgehen?

Es gab auch immer einen Tankstellen Shop dazu. Nicht mit ein paar Blutzucker-steigernden Snacks, nein, mit allem was du brauchst oder auch nicht brauchst.

Brasilien: Ähnlich wie Paraguay, vor allem für Lastwagen-Chauffeure war der Service einzigartig. Wenn man fest daran glaubt, sind wir auch etwas wie Chauffeure. Und deshalb profitierten wir auch von der guten Infrastruktur. Und Uruguay, da hörte der Spass definitiv auf. Der Tank war gähnend leer, als wir die Grenze nach Argentinien überquerten, dass hatte ein Grund. Uruguay ist in allen belangen nicht günstig.

Hoffentlich haben wir mal die Chance uns auszutauschen über solche Unterschiede. Merci fürs mit abtauchen in fremde Kulturen.

Rebi, Juli 2023